Die labordiagnostische Untersuchung basiert auf drei grundsätzlichen Voraussetzungen:
der exakten und vollständigen Erhebung der Anamnese,
der gründlichen körperlichen Untersuchung sowie
der darauf fußenden sinnvollen Auswahl geeigneter Untersuchungsverfahren.
Die labordiagnostische Untersuchung beschränkt sich nicht auf den analytischen Prozess, zu ihr gehören vielmehr:
die angemessene Vorbereitung des Patienten,
die Beachtung aller Details während der Probengewinnung,
der Transport und die Aufbewahrung des Materials unter Berücksichtigung der Haltbarkeit des zu untersuchenden Stoffes bzw. der zu beurteilenden Zellen,
die exakte Messung der benötigten Parameter mit ausreichend empfindlichen und möglichst spezifischen Verfahren sowie
die richtige Interpretation der Messergebnisse.
Ziel labordiagnostischer Untersuchungen ist es, die jeweilige Fragestellung mit möglichst hoher Sicherheit zu beantworten.
Eine abolute Sicherheit können Laborwerte allerdings ebenso wenig wie andere Krankheitssymptome geben. Ein über den Normalbereich
erhöhter Wert bedeutet nicht "Sicher Krank", ein normales Ergebnis ebenso wenig "Sicher Gesund".
Laborwerte informieren lediglich darüber, wie wahrscheinlich es ist, dass eine bestimmte Krankheit vorliegt oder nicht.
Wie hoch diese Wahrscheinlichkeit im konkreten Fall ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Diese sind:
Analytische Qualität der Untersuchung
Hierzu gehört die Einhaltung aller o.g. Schritte, die von der Patientenvorbereitung bis zur Erstellung des Laborbefundes notwendig sind.
Entscheidende Bedeutung haben natürlich analytische Spezifität und Empfindlichkeit sowie die Präzision und Richtigkeit des
verwendeten Untersuchungsverfahrens.
Dieanalytische Spezifität ist ein Maß dafür, inwieweit das verwendete Verfahren nur die zu untersuchende Substanz
erfasst bzw. in welcher Menge andere Substanzen miterfasst werden.
Die analytische Empfindlichkeit ist ein Maß für die Größe des Messsignals bei definierter Konzentration der zu
untersuchenden Substanz. Oder anders formuliert: ein Maß für die kleinste nachweisbare Konzentration.
Die Abweichung der Messwerte untereinander an identischem Material ist bei Mehrfachmessungen ein Maß für die Präzision der Methode.
Die Differenz eines Messwertes zum wahren Wert stellt das Maß für die Richtigkeit der verwendeten Untersuchungsmethode dar.
Diagnostische Qualität der Untersuchung
Diese wird durch die Wahrscheinlichkeit gekennzeichnet, mit der bestimmte Laborwerte nicht nur bei einer, sondern bei
verschiedenen Erkrankungen und auch bei Gesunden vorkommen. Am einfachsten, allerdings auch recht unvollständig, wird dies durch die Wahrscheinlichkeiten "diagnostische Empfindlichkeit" und "diagnostische Spezifität" beschrieben.
Beachte:
Die Begriffe der analytischen und diagnostischen Qualität einer Untersuchung sind streng zu trennen!
- Wahrscheinlichkeit, mit der das Vorhandensein der Erkrankung vor Beginn der Untersuchung erwartet wird
Dies bezeichnet man als die A-priori-Wahrscheinlichkeit. Im Falle einer Screening-Untersuchung wäre es die ⭢Prävalenz der Erkrankung
Verschiedene labordiagnostische Untersuchungen erfassen bestimmte Erkrankungen auf unterschiedlichem Niveau, das sich zwischen zwei Extremen bewegt:
dem Laborwert, der lediglich den Wert eines Symptomes hat, und
demjenigen, der Ursache der Erkrankung offenlegt.
Beispiel Colonkarzinom
Feststellung einer hypochromen Anämie (unspezifisches Symptom)
Nachweis von okkultem Blut im Stuhl (auf die Ursache hinweisendes Symptom)
enoskopischer Karzinomnachweis (Feststellung der Ursache).
Dabei sei der enge Zusammenhang zwischen der Labordiagnostik, anderen paraklinisch untersuchenden Disziplinen und der klinischen
Medizin im engeren Sinne betont. Dadurch wird gleichzeitig der Begriff "Labordiagnostik" relativiert. Denn eigentlich gibt es
nur eine Diagnostik, die allerdings mit Hilfe von klinischen, Labor-, röntgenologischen und anderen Untersuchungsverfahren betrieben wird.
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