Die einfachste, bisher am häufigsten verwendete Art der Ermittlung eines Referenzbereiches ist die Untersuchung des
Laborparameters an nur einer Referenzgruppe, meist Gesunden definierten Alters, Geschlechts usw. unter Referenzbedingungen und in ausreichender Anzahl.
Ergebnis einer solchen Untersuchung ist eine bestimte Verteilung der Messwerte. Oft wird der Bereich dieser Verteilung, in
dem 95% aller Werte zu erwarten sind, als Referenzbereich berechnet.
Das mathematische Vorgehen richtet sich nach dem Typ der gefundenen Verteilung:
Liegt eine Normalverteilung vor oder können die Werte nach Transformation (z.B. Logarithmieren) einer Normalverteilung
angepasst werden, wird der 95%-Bereich durch Ermittlung von Mittelwert (MW) und Standardabweichung (s) festgelegt. Er beträgt MW+/-1,96.
Ohne Berücksichtigung des Verteilungstyps kann der 95%-Bereich folgendermaßen ermittelt werden:
Die Häufigkeit der Referenzwerte wird kumulativ dargestellt (entsprechend der Größe der Messwerte, Abb. s.u.)
Die Größe der Fraktionen wird durch sog. Fraktile begrenzt. Es sind Grenzwerte, die angeben, wie häufig Messwerte
in der untersuchten Gruppe gefunden wurden, die gleich oder kleiner als dieser Grenzwert sind.
Zwischen der 0,025-Fraktile (d.h. allen sehr kleinen Werten, die nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,025 bzw. 2,5% vorkommen)
und der 0,975-Fraktile (d.h. allen sehr großen Werten, die ebenfalls nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 - 0,975 = 0,025 bzw. 80% - 97,5% = 2,5% vorkommen)
liegt der 95%-Bereich. Es ist üblich, statt 0,025-Fraktile auch 2,5-Percentile zu sagen.
Welche diagnostischen Aussagen erlaubt nun dieser so ermittelte Referenzbereich?
Der zu beurteilende Laborwert liegt innerhalb des 95%-Bereiches. Er entspricht damit denen, die bei Festlegung des
Referenzbereiches unter Gesunden gefunden wurden.
Der zu beurteilende Laborwert liegt außerhalb des 95%-Bereiches.
Er ist ungewöhnlich hoch oder tief. Der Schluss, dass es sich um einen pathologischen Wert handelt, dessen Träger somit als
krank bezeichnet werden müsste, ist nicht zulässig.
Die Wertigkeit einer Laboruntersuchung wird erst dann aufgezeigt, wenn mindestens 2 Referenzgruppen entsprechend der
zu beantwortenden Fragestellung (s.o.) verglichen werden.
Durch einen zunächst willkürlich festgelegten Entscheidungspunkt, den sog. Schwellenwert, wird die quantitative Aussage des
Untersuchungsverfahrens in eine qualitative Ja-Nein-Aussage verwandelt:
Alle Werte, die kleiner als der Schwellenwert sind, werden der Gruppe "Test negativ (T-)" zugeordnet.
Alle Werte, die gleich oder größer sind als der Schwellenwert sind, werden der Gruppe "Test positiv (T+)" zugeordnet.Vier-Felder-Tafel
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TEST POSITIV T+ |
TEST NEGATIV T- |
Krankheit X vorhanden (K+) |
RICHTIG POSITIV RP |
FALSCH POSITIV FP |
Krankheit X nicht vorhanden (K-) |
FALSCH NEGATIV FN |
RICHTIG NEGATIV RN |
Betrachten wir nun die resultierenden Wahrscheinlichkeiten:
Die Individuen der Gruppe K+ werden mit Hilfe des o.g. Schwellenwertes eingeteilt in:
"Test positiv", d.h. Richtig Positive (RP) und
"Test negativ", d.h. Falsch Negative (FN).
Die Mitglieder der Gruppe K- entsprechend in:
"Test negativ", d.h. Richtig Negative (RN) sowie
"Test positiv", d.h. Falsch Positive (FP).
Die Wahrscheinlichkeit, mit denen richtige und falsche Zuordnungen in beiden Fällen zu erwarten sind, charakterisieren den diagnostischen Wert der Untersuchung.
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