Häufigkeitsverteilung labordiagnostischer Werte

Bevor die Verteilung der Messwerte eines bestimmten Laborparameters untersucht und beurteilt werden kann, muss Klarheit über die zu beantwortende diagnostische Fragestellung bestehen.
Soll die Untersuchung etwa zur Unterscheidung einer Erkrankung von einer anderen dienen, die mit gleichen oder ähnlichen klinischen Symptomen einhergehen, interessiert nicht der Vergleich "Gesund - Krank". Es müssen dann die Verteilungen der Werte bei den differentialdiagnostisch in Frage kommenden Erkrankungen untersucht werden.
Sind die Träger einer bisher symptomlos verlaufenden Krankheit unter Gesunden herauszufinden, müssen die Verteilungen von Gesunden mit denjenigen der Kranken verglichen werden. Die Ermittlung der Messwertverteilung eines Laborparameters liefert nur dann aussagefähige Ergebnisse, wenn man exakt definierte Gruppen untersucht. Zur exakten Definition des Zustandes der Mitglieder einer solchen Gruppe gehören nicht nur die Feststellung "Krankheit X vorhanden oder nicht", sondern außerdem:
  • die Bedingungen, unter denen festgelegt wurde, ob die zu Untersuchenden zur einen oder anderen Gruppe (Referenzgruppe) gehören,
  • die Beschreibung der Population (Referenzpopulation), aus der die zu Untersuchenden (Referenzindividuen) ausgewählt wurden,
  • die Bedingungen (Referenzbedingungen), unter denen das Untersuchungsmaterial gewonnen, transportiert und zur Analyse vorbereitet wurde,
  • die analytische Methode, welche zur Bestimmung der Referenzwerte verwendet wurde.
  • Untenstehende Abbildung zeigt die Verteilug eines fiktiven Laborparameters unter zwei Rreferenzgruppen. Die Messwerte müssen dabei nicht immer einer Normalverteilung (symmetrische Glockenform) entsprechen. Oft ergeben erst die logarithmierten Werte eine Normalverteilung . Schließlich können sie oft gar keinem bestimmten Verteilungstyp zugeordnet werden.


    Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verteilungstyp bedeutet an sich weder Vor- noch Nachteil, was die diagnostische Wertigkeit des Parameters betrifft. Sie ist aber insofern von Bedeutung, als sie auf die adäquate mathematische Bearbeitung der Daten hinweist, die erforderlich ist, um Referenzbereiche festzulegen.
    Desweiteren macht die Abbildung deutlich, dass es Messwerte gibt, die sowohl bei Mitgliedern der Gruppe 1 als auch bei denen der Gruppe 2 vorkommen: die Verteilungen der Gruppen überlappen einander.
    Die Ursachen für diese Überlappungen sind:
  • biologische Schwankungsbreite des Parameters (biochemische Individualität, bei Festlegung der Referenzbedingungen nicht erfasste Störungen o.ä.),
  • Erfassung von Übergangsformen zwischen den Gruppen 1 und 2 (Krankheit ist ein Entwicklungsprozess und kein stationärer Zustand),
  • Unschärfe des Untersuchungsverfahrens.
  • Die Särke dieser Überlappung ist letztendlich das Maß für die Qualität, mit der ein Laborparameter die an ihn gestellte diagnostische Frage (Zuordnung der Einzelindividuen zu Gruppe 1 oder 2) beantwortet werden kann und damit das Maß für seine diagnostische Wertigkeit.